2 Stähli-Villa, Bielstrasse 4

Im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Aufschwung Selzachs im ausgehenden 19. Jahrhundert hielten im Dorf auch neue Bau- und Stilformen privater Wohnhäuser Einzug. Gleichzeitig mit der Besiedlung des heutigen Bahnhofquartiers, entstanden an der Landstrasse nach Biel um 1900 auch ein paar wenige bürgerliche Villen, wofür beispielhaft das dem Historismus zuzuordnende Haus an der Bielstrasse 4 zu nennen ist. Die sogenannte ehemalige «Stähli-Villa» wurde 1898 durch Peter Léon-Schläfli neu erbaut und ging 1928 in den Besitz von Fritz Stähli über, nach dem sie noch heute benannt wird. Fritz Stähli hatte 1917 in Selzach eine kleine Fabrik zur Herstellung von Bestandteilen für die Uhrenindustrie eröffnet, nachdem Anton Greder seine Uhrmacherwerkstätte 1870 zu einer Uhrenfabrik vergrössert hatte und Bernhard Gisiger-Greder 1916 im Dorf eine weitere Uhrenfabrik gegründet hatte.

Foto: Tina Bratschi, 2024

Foto: Tina Bratschi, 2024

Villa des Historismus
Das repräsentative Wohnhaus entspricht dem Typus einer freistehenden bürgerlichen Villa wie er für das ausgehende 19. Jahrhundert charakteristisch ist. Der zweigeschossige Baukörper wird durch vorspringende Bauteile, Veranden-Anbauten und unterschiedlich gestaltete Fassaden belebt und variiert. Einen besonderen Akzent setzt an der Südfassade ein Giebelaufbau mit verziertem Holzwerk und Spitzhelm. Die Fassaden sind mit Gesimsbändern, Ecklisenen und Fensteröffnungen unterschiedlichster Form instrumentiert, wobei die einzelnen Geschosse durch die Verwendung unterschiedlicher Oberflächen wie Stein und glatter Putz voneinander abgesetzt sind.

Foto: Tina Bratschi, 2024



Historismus
Historismus bezeichnet in der Kunst- und Architekturgeschichte eine Epoche, deren Hauptkennzeichen die Nachahmung historischer Baustile vergangener Jahrhunderte ist. Im Zeitraum vom Ende des Klassizismus bis zum Jugendstil, etwa von 1820 bis 1920, entstanden Bauten, die auf romanische, gotische, barocke oder auch klassizistische Formelemente zurückgriffen. Dabei ging man mit dem Formenkanon frei um, indem Elemente verschiedener historischer Stile unterschiedlicher Epochen wahlweise angewendet, abgewandelt und kombiniert wurden.