Foto: Tina Bratschi, 2017
Foto: Tina Bratschi, 2017
Baubeschreibung
Geborgen unter einem eternitgedeckten Walmdach mit weithin sichtbaren Storchennestern, erhebt sich der behäbige Baukörper an einer platzartigen Erweiterung der Selzacherstrasse. Mit Firstrichtung Südwest-Nordost stösst er stirnseitig mit dem Scheunentrakt hart an den leicht gewundenen Strassenlauf. Die Eingangsfront des Wohnteils aber wendet sich zum südlichen Hofplatz, dessen strassenseitige Begrenzung ein zur Liegenschaft gehörendes Speichergebäude bildet. Der bäuerliche Vielzweckbau weist eine Grundfläche von 11,5 auf 24m auf, wobei der Wohnteil rückwärtig um 2,5 m aus der Fassadenflucht vorkragt, Das Gebäude ist als Ständerbau mit vereinzelten, zum Teil wohl nachträglich hinzugefügten Mauerteilen aus Kalkbruchstein aufgeführt. Besonders an der südlichen Eingangsfront, aber auch im Bereich der Binnenwände kommt der hölzerne Wandaufbau weitgehend noch im Originalzustand von 1708 zur Geltung. Die solide Basis bildet ein kräftiger eichener Schwellenkranz, dessen Eckverband in Form von zweiteiligen, durch Holzkeile gesicherten Zungenschlössern beim Hauseingang anschaulich zutage tritt. In die Schwelle eingelassen ist ein zweigeschossig hochgeführtes Ständergerüst, welches mit den Geschossrähmen zu einem festen Gefüge verbunden ist. Durch die unterschiedlichen Abstände der 8 mal 3 Ständer wird die innere Raumordnung im Wohn- wie auch im Scheunenteil (heute stark verändert) verbindlich festgelegt.
Foto: Benno Furrer, 2016
An der unteren Stubenfront bestehen die Gefachfüllungen aus kräftigen liegenden Bohlen, welche aussen durch eine vertikale Bretterschalung abgedeckt sind. Am Obergaden hingegen tritt die Primärkonstruktion mit stehend eingenuteten Brettern offen zutage. Zur Aussteifung des Ständergerüsts dienen breite, verblattete Kopfhölzer mit barocken Zierfasen sowie karniesartig beschnitzte Büge. Zur horizontalen Gliederung der Fassade tragen ein kräftiger profilierter Brustriegel im Bereich der Stubenfenster und ein schmaleres durchlaufendes Gurtgesims am Obergaden bei. Ein hölzernes Rundbogenportal mit von Gratleisten zusammengehaltener Brettertür bildet den ebenerdigen Hauseingang. Seitlich schliesst das grossflächige, holzgenagelte Tenntor an, welches als einziges Fassadenelement des Scheunenteils noch aus der Bauzeit stammen dürfte.
Foto: Benno Furrer, 2016
An den stubenseieigen Bügen ist eine ausführliche, heute nur noch schwer entzifferbare Inschrift mit Hinweisen zur Bauherrschaft und zu den Zimmerleuten angebracht:
«1708 / IES / VS>> (1. Bug);
«DAS H / AVS H / AT / LA / SEN / PAVEN / DVRS / KVOFER / VON ALT / RI (2. Bug);
<<DAS H / VS STEI / T IN GOT / ES HAN / D SO LAN / G DAS I / M GEFAL /LT» (3. Bug);
<<lOS / EPH» (4. Bug);
<<MEISTER / DANIEL / FROLIG / ZB / MEISTER / IOSEPH / FROLIG» (5. Bug).
Als charakteristischer Bestandteil des ehemaligen Strohdachhauses hat sich die durchgehend rauchgeschwärzte Hochstudkonstruktion in weitgehend originalem Zustand erhalten. Sie setzt sich aus vier Firstständern (Hochstüden) zusammen, welche mit Firsträhm, Unterfirst, Sperrrafen und Windstreben sowie den ebenfalls erhaltenen, konzentrisch verlegten Rafenlagen eine eindrückliche zeltartige Konstruktion von 12m Firsthöhe bilden. In gängiger Manier verlaufen die zwei ausnehmend kräftigen Firstständer beidseits des Tenns von der Grundschwelle bis zum First durch (Firstständer zwischen Tenn und Stall nachträglich unterfangen). Ein dritter, geringer dimensionierter Firstständer ist über dem Wohnteil auf Niveau des Obergeschosses abgefangen, während sich ein vierter über dem nachträglich erweiterten Stallbereich befindet.
Baubeschreibung aus: Flückiger-Seiler, Roland; Furrer, Benno; Huggel, Doris; Räber, Pius:
Die Bauernhäuser des Kanton Solothurn, S. 422 - 424
Herausgegeben von der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde